BIM Einfach Miteinander: In unserem Interview sprechen Stefanie Radek und Robert Schmid über ihre Initiative, die eine gemeinsame und praxisorientierte Umsetzung von BIM im öffentlichen Sektor vorantreibt. Sie erläutern die Entstehung der Initiative, ihre Ziele und wie sie durch Zusammenarbeit über Bundesländergrenzen hinweg Effizienz und Ressourcen sparen kann.
Stefanie Radek, Leiterin des Kompetenznetzwerks BIM im Gebäudemanagement Schleswig-Holstein, und Robert Schmid, Leiter des Sachbereichs Hochbau in der Landesbaudirektion Bayern sind treibende Kräfte hinter der Initiative „BIM Einfach Miteinander“, die darauf abzielt, die Implementierung von BIM im öffentlichen Sektor zu vereinfachen.
Wofür steht „BIM Einfach Miteinander“? Wann haben Sie die Initiative ins Leben gerufen und wie ist sie entstanden?
Mit der Einführung des Masterplans BIM für Bundesbauten wurden Handreichungen erstellt und Schulungen angeboten, um die Umsetzung von BIM zu unterstützen. Bei der Übergabe dieser Informationsmaterialien, des neuen Umsetzungskonzepts sowie des bereitgestellten Schulungsangebotes wurde jedoch schnell deutlich, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen den bereitgestellten Grundlagen und dem tatsächlichen Bedarf für die praktische Projektumsetzung besteht. Trotz dieser Herausforderungen sollte zügig mit der Umsetzung von BIM in Projekten der Bauverwaltungen begonnen werden, wobei die Bundesländer selbst die Verantwortung für die Bereitstellung der erforderlichen Dokumente und Verfahren sowie die Einführung in die jeweiligen Behörden übernehmen sollten. In diesem Kontext entstand das Bedürfnis eine Interessengemeinschaft zu gründen. In Abstimmung mit Vertretern von BIM-Deutschland und der GS BIM wurde Anfang 2024 auf der digitalBAU in Köln die Initiative am Stand von buildingSMART ins Leben gerufen.
Manchen ist das Vorhaben vielleicht noch unter dem Namen „BIM einfach machen“ bekannt – wie kam es zur Umbenennung und welche Überlegungen sind mit dem neuen Namen verbunden?
Aus den ersten Überlegungen, wie man die Anwendung von BIM bei der Projektinitiierung erleichtern kann, entstand der Name „BIM einfach machen“. Dieser Begriff wurde jedoch bereits auf verschiedenen Ebenen verwendet, sei es als Buchtitel oder in LinkedIn-Profilen. Nach ersten Gesprächen im neu gegründeten Organisationsteam wurde schnell klar, dass das „Miteinander“ im Mittelpunkt stehen sollte. Der Namenszusatz "Miteinander" beschreibt daher den besonderen Charakter der Initiative noch besser.
Was möchten Sie mit der Initiative erreichen? Welche Ziele stehen im Vordergrund?
„BIM Einfach Miteinander“ soll eine gemeinsame und eigenständige Stimme der öffentlichen Hand zum Thema BIM sein. Dabei erfolgt die Zusammenarbeit eng mit BIM Deutschland sowie mit Organisationen wie z.B. buildingSMART, der BIM-Allianz und der TGA-Bar. Zudem werden Vorgaben evaluiert und auf ihre Praxistauglichkeit geprüft, um die Implementierung von BIM für die Arbeitsebene so einfach wie möglich zu gestalten.
Welche Akteure sind an „BIM Einfach Miteinander“ beteiligt?
„BIM Einfach Miteinander“ setzt sich aus Vertretern der Arbeitsebene der öffentlichen Bauverwaltung zusammen. Die Initiatoren sind BIM-Verantwortliche und BIM-Interessierte aus den Bereichen Bund, Länder und Kommunen, die in Planung, Bau und Betrieb tätig sind. Aktuell sind etwa 10 Bundesländer im Organisationsteam vertreten.
Als Initiative der öffentlichen Hand liegt ihr Fokus auf der Implementierung von BIM bei Bauprojekten des öffentlichen Sektors. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit BIM in diesem Bereich erfolgreich Anwendung findet?
Der öffentliche Sektor ist als keine homogene Welt. Genau diese Vielschichtigkeit muss bei der BIM Implementierung berücksichtigt werden. BIM kann in der öffentlichen Verwaltung daher nicht einfach „eingekauft“ werden. Mitarbeitende in der Verwaltung kennen die spezifischen Spielregeln ihrer eigenen Institution genau. Externe BIM-Implementierer können dieses notwendige Verständnis in der Regel nicht selbst aufbauen, auch wenn sie punktuelle Einblicke erhalten. Deshalb ist es wichtig, die Inhalte in die Sprache der Verwaltungen zu übersetzen. Wenn BIM gezielt auf die Bedürfnisse der eigenen Verwaltung abgestimmt wird, wird es Akzeptanz finden. Dann wird BIM nicht nur eingeführt, sondern wird Teil unserer täglichen Arbeit.
Welche Herausforderungen sehen Sie noch auf dem Weg zur flächendeckenden Nutzung von BIM?
BIM ist zunächst einmal ein Begriff – prägnant und doch vielseitig interpretierbar. In den letzten Jahren hat sich das, was hinter diesem Wort steht, etwas konkretisiert. Dennoch bleibt die Auslegung von BIM nach wie vor breit gefächert. Einerseits zeigt sich darin, dass BIM viele Möglichkeiten bietet. Andererseits liegt darin die Schwierigkeit, dass man zwar glaubt, über dasselbe Thema zu sprechen, dies in Wirklichkeit jedoch oft nicht der Fall ist.
Daher ist es wichtig, ein einheitliches Verständnis von BIM nicht nur bei Fachplanern und Ausführenden, sondern auch in den verschiedenen Ebenen der Verwaltung, bei Bauherren sowie bei Nutzern und Betreibern zu etablieren. Dies sollte auf eine einfache und verständliche Weise geschehen.
In BIM-Projekten sollten Auftraggeber nur das anfordern, was wirklich für sie selber nötig ist und sich nur entsprechend der eigenen Aufgaben im Projekt einbringen. Denn in einem Projekt gibt es naturgemäß viele Interessensgruppen. Bauherren, Betreiber, Nutzer, Verwaltung/en um nur einige zu nennen. Daher ist es wichtig sich im Vorfeld abzustimmen und nur das „was man tatsächlich heute digital benötigt“ anzufordern. So werden sich über Erfahrungswerte Anforderungen immer weiter konkretisieren. Dadurch können Informationsflüsse im Laufe der Zeit weiter und weiter digitalisiert werden. Hier kann „BIM Einfach Miteinander“ Unterstützung bieten.
Wie sieht die Zukunft von „BIM Einfach Miteinander“ aus? Haben Sie bereits konkrete Pläne?
„BIM Einfach Miteinander“ setzt auf der Projektebene an, um bei der konkreten Umsetzung zu helfen und BIM Deutschland dabei zu unterstützen konkrete Standards zu entwickeln.
Die ersten Schritte bestehen darin, Definitionen zu klären, wie zum Beispiel „Wie viel BIM macht ein Projekt zu einem BIM-Projekt?“ und „Welche Daten benötigen Verwaltungen während der Planungs- und Erstellungsphasen sowie in der wichtigen Betriebsphase?“ Im nächsten Schritt erfolgt die Evaluierung und Harmonisierung bestehender Unterlagen. Unser Ziel ist es nicht, neue Inhalte zu schaffen, sondern Informationsstrukturen zu entwickeln – einen sog. Rahmenstandard. Das bedeutet, festzulegen, welche Dokumente eine Verwaltung zu welchem Zeitpunkt benötigt. Eine Art Regalsystem in dem zu unterschiedlichen Themen Inhalte abgelegt und bereitgestellt werden. Zusätzlich wollen wir die Inhaltsstrukturen, also den Aufbau der Dokumente genauer beleuchten.
Insgesamt sollten Inhalte einfacher zu verstehen sein, damit die Lesbarkeit erhöht wird. Wir brauchen weniger umfangreiche Dokumente mit einer einfachen Sprache, die jeder versteht, ohne ein „BIM-Studium“ absolvieren zu müssen. Das Ziel ist, BIM einfacher zu machen – und zwar gemeinsam für und mit der öffentlichen Hand.
Liebe Frau Radek, lieber Herr Schmid, vielen Dank für das Gespräch!